100 Jahre Rekascher Kirche

-  Besonderheit einer großen Glaubensgemeinschaft  -


                                                           (Teil 2: Kirche)


 

„Zahvalnost“, „Dankbarkeit“, „Hála“, „Recunostinta“ bedeutet dasselbe. Und dennoch steht es für vier ethnische Gruppen, die alle in derselben Kirche an den Gottesdiensten teilnehmen, Taufe, Kommunion und Hochzeit feiern und den letzten Segen gespendet bekommen. Warum aber ist diese Kirche so anders, als alle anderen banater Dorfkirchen?

Bereits im 14. Jahrhundert wird der Ortsname „Rykas“ das erste Mal dokumentarisch attestiert. Damals siedelten  Bulgaren (Stitzl, Josef: Aus der Vergangenheit und Gegenwart der Großgemeinde Rekasch, Temeswar, 1924) in der Nähe des Flusses (rijeka), im 17. Jahrhundert dann folgten schokatzische Siedler. Nach der Befreiung des Banates von den Türken (1716) und der Besiedlung durch das habsburgische Kaiserreich festigten zunächst Franziskanermönche mit slawischen Namen den katholischen Glauben im Ort (1721), die ersten deutschen Siedler zogen 1724 hinzu und verlegten ihre Häuser schließlich ab 1740 auf die nördlich gelegenen Hügeln der inzwischen kanalisierten, doch schwer kontrollierbaren Bega. Das ist das Jahr, aus welchem erste Matrikelbücher erhalten sind, eine erste Holzkirche sowie die ersten Siedlerhäuser errichtet wurden. 1769 übernahm Pfarrer Georg Palzer den Bau der alten Steinkirche und 1777 die Einweihung des ersten Teils des heutigen katholischen Friedhofs. Der Ort nahm zu, die Infrastruktur gedieh (Schule, Vereinsleben, Gesundheitswesen, Post- und Telegraphenamt, Bahnhof, Feuerwehr, Bankwesen, …) und die Weinkultur gewann an Tradition. 1871 wurde Rekasch eine Großgemeinde mit der Eingemeindung der umliegenden Dörfer. 1899 entstand unter der ungarischen Regentschaft der K&K-Monarchie ein neues Viertel mit ungarischen Zuwanderern, 1918 kam es zur Annexion an den Rumänischen Staat und in den Folgejahren zur Ansiedlung rumänischer Kolonisten. Trotz der Auswanderungswelle nach Amerika und den Verlusten im Ersten Weltkrieg lebten Anfang des 20. Jahrhunderts etwa 1800 Deutsche in Rekasch. Mit den hinzugezogenen Ungarn und den Schokatzen zusammen ergab dies eine große Zahl an katholischen Gläubigen, weswegen unter Dechantpfarrer Johann  Koleszar die Errichtung eines neuen Gotteshauses angeleitet wurde.



Blick auf den festlich geschmückten Innenraum vor dem Jubiläumsgottesdienst

Im März 1914 begannen die Bauarbeiten zur imposanten Kirche im neugothischen Baustil, die sich durch die Kriegswirren sowie Finanz- und Baumaterialienmangel verzögerten. Namhafte Architekten, Baumeister und Ingenieure planten und betreuten den Bauprojekt. Am Gründonnerstag des ereignisreichen Jahres 1918 schließlich kam es zur feierlichen Weihung, wobei die Festmesse viersprachig gehalten worden war.

Obwohl das Kameralamt nur einen Teil der Kosten trug und die Gemeinde für den Rest aufkommen musste, kam es zu einer prächtigen Ausstattung: Altäre und Kommunionsbank, sowie die Kirchenorgel wurden gespendet, die ästhetisch bemalten Kirchenfenster tragen sogar noch die Namen ihrer Mäzene, bzw. stellen Johannes den Täufer als Schutzpatron der Kirche dar, Kreuzweg-Bildnisse sowie zahlreiche Heiligenfiguren schmücken den Innenraum. Über die Ortsgrenze hinaus bekannt ist der Altar der „Schwarzen Maria“, um den sich zahlreiche Legenden um überdauerte Brände und Wunder ranken. Tatsache ist, dass bereits seit 1746  Wallfahrten zu dieser Statue bekannt sind, 1927 ließen Zigeunermusiker aus der Temeswarer Fabrikstadt einen schönen Seitenaltar für sie erbauen. An der Treppe des Hauptportals erinnert ein Gedenkstein symbolisch an die alte, nach Osten ausgerichtete Kirche. Die Außenanlage wird gesäumt von der Dreifaltigkeitssäule, die ungarische Siedler 1904 stifteten und dem Heldendenkmal, welches 1921 zu Ehren aller im Krieg gefallener Rekascher errichtet worden war. Auch der Friedhof wurde in dieser Zeit erweitert und bekam 1912 zwei ansehnliche Jugendstilkapellen. Etwas detailliertere Hinweise mit zahlreichen Abbildungen finden sich in der broschierten Festschrift zur Hundertjahrfeier, welche die HOG Rekasch erstellt hat.  


 


Broschüre zur Hundertjahrfeier

Das Besondere an dieser Broschüre jedoch ist, dass sie in allen vier Sprachen der Kirchengemeinde gestaltet ist, was einer ziemlich aufwändigen Übersetzungsarbeit bedurfte. Aus Anlass dieses Festes unternahmen etwa 40 ehemalige Rekascher Anfang September eine Busreise, über welche im Teil 1 des Beitrages (BP, vom 5.10.18) ein Reisebericht erfolgte. 



Pfarrer Budnaru und Generalvikar des Temeswarer Bistums, Johann Dirschl

Neben dem wundervollen Empfang durch die dortige Gemeinde und der  viersprachigen Festmesse, zelebriert von Pfarrer Anton Budnaru sowie dem Generalvikar des Temeswarer Bistums, Johann Dirschl, neben zahlreichen Hommagen seitens des Bürgermeisters und der HOG wurde auch eine Votivtafel geweiht, die auf die Vielsprachigkeit und zugleich die Multikulturalität des Ortes hinweist. Und für dieses Erbe der Rekascher, das uns viel Toleranz und Offenheit bescherte, sagen wir heute „Zahvaliti“, „Köszönem“, „Multumesc“ und „Danke“! 

 

                                                                                     Waltraut Rumesz(im Namen des Vorstandes)

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